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Lernen – Was ist das eigentlich?

von Monique Mattigat.

Am Donnerstag, den 22.05. versammelten sich die Schüler der Pädagogikgrundkurse aus der Einführungsphase gespannt in der Aula des Freiherr-vom-Stein- Gymnasiums. Der Anlass dafür war der Besuch von Herrn Professor Rinck von der Universität Nijmegen, der in seiner Funktion als Lehrender für Behavioural Science gemeinsam mit den Schülern der Frage nachging, was „Lernen“ eigentlich ist, welche Arten des Lernens es gibt und welche Faktoren Behaltens- und Erinnerungsprozesse beeinflussen können.

Eingebettet war dieser Vortrag in eine halbjahresübergreifende Unterrichtsreihe zu den Themen „Entwicklung, Reifung und Lernen“, in der sich die Schüler bereits mit Grundlagen pädagogischer und psychologischer Lerntheorien vertraut gemacht haben.

Vor diesem Hintergrund skizzierte Herr Rinck in sehr anschaulicher Weise die unterschiedlichen Arten des menschlichen Lernens, die nicht nur für unsere Schüler, in unserem täglichen Leben allgegenwärtig sind und unser Verhalten maßgeblich beeinflussen und steuern. Herr Rinck begann seinen Vortag mit einem kleinen Schülerexperiment: Zu diesem Zweck teilte er die Hörerschaft zunächst in zwei Gruppen ein. Die eine Hälfte war aufgefordert, sich zu projizierten Wörtern (z. B. „Zirkusclown“, „Eiffelturm“, „Gießkanne“, „Sonneblume“ etc.) ein Bild vorzustellen. Die andere Hälfte hingegen war angehalten, die Buchstaben der dargelegten Wörter zu zählen und zu addieren. Erwartungsgemäß fiel es den Schülern leichter, sich Bilder zu den dargebotenen Wörtern vorzustellen und sich diese Verknüpfung einzuprägen. Herr Professor Rinck nutzte diese Erkenntnis, um anschließend zu erörtern, wie das menschliche Gehirn Zusammenhänge erkennt und verarbeitet.

Ausgehend von diesen Überlegungen thematisierte er im weiteren Verlauf seines Vortrags grundlegende behaviouristische Lerntheorien wie beispielsweise die so genannte „Klassische Konditionierung“, die auf Erkenntnisse des russischen Physiologen Iwan Pawlow zurückgeht. In einem Experiment mit Hunden stieß Pawlow bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf eine Merkwürdigkeit, die er sich physiologisch nicht erklären konnte: Er entdeckte in seinen Studien, dass die Hunde bereits begannen, Speichel abzusondern, obwohl die Tiere ihr Futter noch gar nicht wahrnehmen konnten. Für Pawlow ergab sich daraus die Frage, ob Lernprozesse für diese bemerkenswerte Reaktion – die ja eigentlich einen natürlichen Reflex darstellt – verantwortlich seien. Zur Beantwortung dieser Frage führte Pawlow seine bis heute weithin bekannten Experimente durch. Hieran anknüpfend schilderte auch Professor Rinck das Lernen von Zusammenhängen sowie Emotionen im menschlichen Alltag. Hier zeigte er an sehr anschaulichen Beispielen, wie Menschen Angst „erlernen“, nachdem sie mit einem bestimmten Reiz konfrontiert wurden. So ist beispielsweise das „Gebrüll“ eines Löwen (Reiz) gemeinhin ein „Signal“ für uns Menschen, dass wir besser das Weite suchen sollten, wenn wir überleben möchten.

Des Weiteren demonstrierte Herr Rinck den Schülern anhand weiterer Experimente die Grundlagen der so genannten „Operanten Konditionierung“, die beschreibt, wie unser Verhalten durch nachfolgende Konsequenzen in Form von „Belohnung“ oder „Bestrafung“ nachhaltig beeinflusst werden kann. Sehr zur Freude der Schüler veranschaulichte Herr Rinck diesen Sachverhalt zunächst mittels eines kurzen Films, der „Ping-Pong“ spielende Tauben zum Gegenstand hatte. Darüber hinaus gab er der Lerngruppe – ebenfalls sehr zur Freude der Schüler sowie der anwesenden Pädagogiklehrer – Tipps, wie sie das Verhalten ihrer Lehrer im Unterricht gezielt beeinflussen („konditionieren“) können. Wir dürfen gespannt sein.

Der weitere Vortrag war daraufhin dem Bemühen geschuldet, unseren Schülern wertvolle Tipps für das eigene Lernen nahe zu bringen. Hierbei musste Herr Professor Rinck den Schülern jedoch leider die Illusion rauben, dass es ein „Patentrezept“ für „müheloses“ Lernen gäbe. Gleichwohl konnte er ihnen eine Reihe wertvoller Strategien an die Hand geben, dass eigene Lernen nachhaltig zu verbessern. Hierbei betonte er vor allem die Bedeutung eigener Motivation (wo liegt der Nutzen bestimmter Lerninhalte?), die Rolle von Emotionen (z.B. Angst vor Misserfolgen) sowie die Relevanz bestimmter Lerntechniken. So empfahl er den Schülern zum Beispiel das Lernen in Arbeitsgruppen, das Lernen mittels eines Karteikartensystems oder die Simulation von Prüfungssituationen. Wichtig sei zudem, dies sollte trotz allen Leistungsdrucks nie vergessen werden, die Selbstverstärkung, das heißt, dass auch bereits das Erreichen kleinerer Ziele durch uns selbst stets belohnt werden sollte.

Entscheidend sei, so Herr Rinck abschließend, über das zu Lernende intensiv nachzudenken und individuelle Verknüpfungen herzustellen, die ein bloßes „Auswendiglernen“ vermeiden. Als hätten die Schüler dies zum ersten Mal gehört, waren sie auch von dieser Erkenntnis tief beeindruckt.

Im Anschluss an diesen sehr informativen und spannend gestalteten Vortrag hatten die Schüler Gelegenheit, Fragen an den Psychologen zu richten. Dabei interessierte sie besonders, ob das Hören von Musik Lernprozesse eher fördern oder vielmehr hemmen würde. Überdies wurde gefragt, wann der bestmögliche Zeitpunkt sei, für bevorstehende Klausuren zu lernen. Reiche es nicht doch einen Tag vor der Prüfung zu lernen? Sollten bestimmte Lerninhalte besser parallel oder doch eher nacheinander gelernt werden? Zu guter letzt wollten die Schüler wissen, ob die Nutzung des Smartphones zwischen den Unterrichtseinheiten – entgegen aller pädagogisch wertvollen Bekenntnisse der Lehrerschaft unserer Schule – nicht doch in irgendeiner Weise förderlich für das Behalten bestimmter Lerninhalte sein könnte.

An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei Herrn Rinck für sein Engagement bedanken. Wir freuen uns auch weiterhin auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit, in der wir in Zukunft darum bemüht sein werden, die Fähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler zu „lernen“ – theoretisch wie praktisch – zu fördern.

Monique Mattigat für die Fachschaft Erziehungswissenschaft

Fotos: LETG