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Gedenken an die Pogromnacht: der Beitrag der Klasse 9 c

An der Gestaltung des Gedenkens an die Pogromnacht 1938 haben sich am 9. November 2012 zwei neunte Klassen des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums beteiligt. Im Folgenden dokumentieren wir den Beitrag der Klasse 9 c.

Der Redebeitrag der Klasse 9 c

„Wenn wir als Schüler der Klassen 9A und 9C des Freiherr vom Stein Gymnasiums heute hier versammelt sind, um der Reichspogromnacht am 9. November 1938 in Kleve zu gedenken, so ist dies einerseits dem Bemühen geschuldet, die historischen Vorgänge vor dem Vergessen zu bewahren, andererseits aber auch in ihrer aktuellen Relevanz bewusst zu machen.In Zeiten, in denen die Bevölkerung der westlichen Industrieländer zunehmend multikultureller wird, erleben wird das neuerliche Aufflackern faschistischen Gedankenguts, stehen fassungslos vor dem Versagen, die Mordserie der NSU-Täter zu verhindern oder in angemessener Frist aufzuklären.Rechtsradikale Musikgruppen bezeichnen Migranten wieder als auszurottendes Ungeziefer und reimen Judenspeck auf Majdanek!
Hier gilt es, die Lehren aus den Ereignissen von 1938 zu ziehen: Demokratie verteidigen, nicht wieder weggucken, sondern hinschauen und handeln,Toleranzgebote nicht mit dem Verstreichen eines Gedenktages als erledigt anzusehen, sondern zur selbstverständlichen Praxis alltäglichen gesellschaftlichen Handelns zu machen.Die Reichspogromnacht öffnete die Schleusen der hemmungslosen Gewalt, offenbarte massenhaft manipulierbaren Rassenwahn, wies den Weg zur minutiösen Planbarkeit des Holocausts.
Was anschließend möglich wurde, war etwa das unvorstellbare Massaker von Babi Jar noch vor den Beschlüssen der Wannsee-Konferenz im Januar 42, als am 29. und 30. September 1941 33771 Juden aus Kiew vom Sonderkommando 4a unter Standartenführer Paul Blobel erschossen wurden.Dem Andenken der ahnungslosen Opfer hat der russische Dichter Jewtuschenko ein Gedicht gewidmet, das Paul Celan ins Deutsche übertragen hat.“

Es folgte die Rezitation des Gedichtes durch zwei Schülerinnen der Klasse…

„Wir gedenken als Schüler des Freiherr vom Stein-Gymnasiums des ehemaligen Mitschülers Erich Hertz, der seinen Mut zum Widerstand in Vught mit dem Tode bezahlen musste, wir gedenken der mutigen niederländischen Widerstandskämpferin Trudy van Reemst, die als Mitglied des damaligen Lagerwiderstandes einigen Schülergruppen vergangener Jahre beindruckend-bedrückende Führungen in Westerbork und Amsterdam ermöglicht hat.Der unvergessene Besuch von Hans Weyl führte den Schülern überzeugend vor Augen, dass Antisemitismus und Judenverfolgung eben auch in Kleve Ihre Opfer forderten und Lebensplanungen brutal zunichte machten. Dabei registrieren wir beschämt, dass in der Nazi-Zeit auch auf unserm Schulhof eine Bücherverbrennung stattfand, dass auch an unserer Schule willfährige Pädagogen ihren Beitrag zur völkischen Erziehung ihrer Schüler leisteten, mit dem Erfolg, dass die Schule „judenfrei“ war, bevor dies per Gesetz verordnet wurde.Dies soll definitiv ein dunkles Kapitel der Geschichte bleiben: in der Gegenwart wollen wir uns einsetzen für Toleranz und Mitmenschlichkeit gegenüber Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe, Kultur und Religion und jeglichen neonazistischen Versuchen, mit den alten Parolen Hass gegen Ausländer zu schüren, wirkungsvoll Einhalt gebieten.“

Der Rahmentext wurde vorgetragen von den Schülern Robert Böving, Lennart Hermans, Aron Janzen und Josef Kaenders, das Gedicht deklamierten Johanna Koen und Miriam Aschenbrenner

Hier noch einige externe (!) Links zum Massaker von Babi Jar und zum von Paul Celan in’s Deutsche übertragene Gedicht von Jewgeni Jewtuschenko:

  • Auf einer website zu Paul Celan findet man die Gedichte „Todesfuge“ und „Babi Jar“:
    [ Paul Celan 1920 – 1970: Zwei Gedichte ]
  • Lutz Görner rezitiert das Gedicht von Jewtuschenko, gibt diesem am Schluss die „russische“ Wendung, die auch so im Original von Jewtuschenko steht:
    [ „Babi Jar“: Vortrag von Lutz Görner ]
  • Zum siebzigsten Jahrestag des Massakers schilderte Katja Petrowskaja in der „Frankfurter Allgemeinen“ vom 29.09.2011 ihre Eindrücke, Gedanken und Erinnerungen:
    [ Spaziergang in Babij Jar ]
  • Eine Seite des ARC-Projektes über den Holocaust („Yidn, shreibt un farshreibt!“) stellt die Geschichte des Massakers dar:
    [ Babi Jar / Kiew ]
  • Auf der Homepage des Dichters Jewtuschenko (Евгений Александрович Евтушенко) kann man auch das russische Original finden:
    [ БАБИЙ ЯР – Babij Jar ]