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„Dienstag, 16:00 Uhr Alexanderplatz“

Zwei Zeitzeugen berichten…

Am 30.03.2017 besuchten Herr Dr. Harald Korth und seine Ehefrau Karin die Klasse 7c des Freiherr-vom-Stein Gymnasiums und berichteten von ihrer Flucht aus der DDR im Jahre 1973.

Als Herr und  Frau Korth anfingen zu erzählen, war es still in der Klasse, wir hörten gespannt zu.

Sie erzählten von der damaligen Situation in der DDR: Es gab keine Besuchsmöglichkeiten in den Westen, man konnte keinem wirklich trauen und die Bürger der DDR hatten nur die UDSSR, die Tschechoslowakei und einige andere Länder im Osten, wo sie Urlaub machen konnten.

Karin und Harald wollten zusammen leben, es stand ihnen aber ein Hindernis im Weg, Karin musste aus der DDR fliehen, aber wie? – Ihr Bruder war 3 Monate zuvor bereits aus der DDR geflohen. Mit ihm musste sich Harald (BRD) treffen. Er sagte, er sei mit einer Fluchtorganisation geflohen. Also musste Harald irgendwie Kontakt zu einer Fluchtorganisation aufbauen. Zu diesem Zeitpunkt wusste Karin noch nichts von ihrem Glück. Harald hatte schließlich einen Termin mit einer Fluchtorganisation ausgemacht. Nun musste er nur noch Karin informieren. Dies war schwieriger als gedacht! Er musste bei einem Freund anrufen, der wiederum im Internat in Potsdam anrufen sollte. Karin war jedoch nicht da – sie war auf der Buchmesse in Leipzig. Die Zeit drängte, noch drei Tage bis zur Flucht. Nun konnte doch noch Karin informiert werden, es wurde nur gesagt:

„16:00 Uhr, Alexanderplatz!“

Mehr Informationen waren schwierig zu übermitteln, die Stasi hörte [vielleicht] alles mit.

Also 16:00 Uhr, Alexanderplatz. Berlin. Harald erzählte Karin von seinem Plan. Damit sich der Fahrer und Karin erkennen, sollte Karin einen roten Schal tragen, ein Paket unter ihrem Arm und ihr Zugticket bei sich haben.

Karin war am Tag darauf so aufgeregt, dass sie nicht schlafen konnte, so schlich sie sich schon um 4:00 Uhr morgens aus dem Internat zum Bahnhof, von wo aus der Zug in Richtung Gotha abfahren sollte. Aber wie es der Zufall wollte, fiel dieser Zug aus. Karin nahm einen Zug später. Gut, dass der Fluchthelfer jede Stunde einmal zum verabredeten Treffpunkt erschien.

Als sich Karin und der Fahrer schließlich getroffen und das zuvor vereinbarte Codewort ausgetauscht hatten, ging die Fahrt los. Zuerst durfte Karin bis zur Grenze beim Fahrer in dessen Wagen sitzen. Kurz vor der Grenze sollte sie sich verstecken und in den Kofferraum klettern. Dies tat sie – an der Grenze wurde dreimal das Auto kontrolliert, doch zum Glück nie der Kofferraum geöffnet. Beim vierten Mal ging die Klappe auf, Karin dachte, jetzt haben sie mich. Aber es war nur der Fahrer, der sagte: „Wir sind da!“.

Somit kam es zu einem glücklichen Ende dieser Flucht aus der damaligen DDR.

Der Fluchthelfer wurde kurze Zeit später verhaftet. Er und ein Ehepaar, dem er zur Flucht verhelfen wollte, wurden erwischt und zu langen Haftstrafen verurteilt.

Einer der häufigsten Sätze, die wir während des Berichts hörten, war daher:  „Wir hatten einen Schutzengel“.

Es war ein spannender Vormittag, den die Klasse 7c so schnell nicht wieder vergisst

 

Sandra Jamin und Tobias Janssen, 7c

 

Darüber, wie wir, die Klasse 7c, die Begegnung mit den Zeitzeugen wahrgenommen haben, sollen überdies die folgenden Äußerungen Aufschluss geben.

Zuvor möchten wir uns, auch im Namen des Freiherr vom Stein Gymnasiums, jedoch noch einmal ganz herzlich bei Herrn und Frau Korth für ihr ihren Besuch und ihr Engagement bedanken.

 

Folgende ausgewählte Zitate stammen von Schülerinnen und Schülern aus der Klasse 7c:

Aus dem Zeitzeugenbesuch haben wir gelernt, dass

  • „es sehr schwierig für die Menschen in der DDR gewesen sein musste und dass eine Flucht sehr gefährlich war“ (Dilara)
  • „dass es Fluchthelfer gab“ (Sara)
  • „es sehr viele Schwierigkeiten bei der Flucht gab und man nicht genau wusste, wem man vertrauen konnte“ (Neele)
  • „die Menschen in der DDR nicht einfach so in andere Länder reisen konnten und man auch nicht die Waren kaufen konnte, die es im Westen gab“ (Kacper)
  • „die Stasi überall war und viele Menschen beobachtet oder belauscht hat“ (Leonie)
  • „die Stasi in der DDR auch Telefone mit Wanzen versehen hat“ (ohne Namen)
  • „Familien damals oft getrennt wurden“ (Sara)
  • „wenn man bei der Flucht erwischt wurde, man ins Gefängnis kam oder sogar erschossen werden konnte“ (Neele)

Besonders beeindruckt hat uns,

  • „dass sich die Menschen so viel haben einfallen lassen, um zu flüchten“ (Freya)
  • „wie viel Glück die beiden hatten“ (ohne Namen)
  • „was für Zustände in den Stasi-Gefängnissen herrschten und wie viel Angst die Menschen in der DDR haben mussten“ (Arthur)
  • „dass man aus West-Berlin ohne (größere) Probleme nach Ost-Berlin reisen konnte. Anders herum war es jedoch schwierig und gefährlich“ (Niklas)
  • „wie es zu der Flucht gekommen ist, wie diese organisiert war und wie sie abgelaufen ist“ (Rebecca)
  • „dass manchmal Freunde oder Familie bei der Stasi gearbeitet haben“ (Neele)
  • „die Flucht in dem Kofferraum des Autos und die Geschichte mit der Stasi, da man nie wusste, wer dazu gehörte“ (Lina)
  • „wie viel Angst die Leute gehabt haben, als sie im Kofferraum saßen“ (Freya)
  • dass ihre Flucht ohne größere Probleme geklappt hat, aber bei der nächsten Fahrt die Flüchtenden und ihr Fluchthelfer festgenommen wurden [und lange Haftstrafen verbüßen mussten]“ (Niklas)
  • „dass damals niemand an den Fall der Mauer geglaubt hat“ (ohne Namen)